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Die Erforschung der Feinstofflichkeit geht mit einer Reihe von besonderen Herausforderungen einher:
Die ForscherInnen in der Naturwissenschaft sind bestrebt, objektive Erkenntnisse zu gewinnen. Ihre Experimente und Untersuchungen sollten auch von anderen ForscherInnen durchgeführt werden können und zu gleichen, mindestens vergleichbaren Resultaten führen, wenn die gleichen Bedingungen eingehalten werden. Diese Forderung nach Objektivität und Reproduzierbarkeit stösst jedoch in der Erforschung der Feinstofflichkeit an Grenzen.
Bei Experimenten auf der materiellen Ebene (z. B. bei einem chemischen Versuch in einem Labor) können die Bedingungen sehr genau kontrolliert und eingestellt werden. Sobald aber die nicht-materiellen Ebenen untersucht werden sollen, kommt die Lebendigkeit [1] hinzu, die einen gewissen Spielraum braucht, um sich zu zeigen. Je strikter die Bedingungen eingeschränkt werden, um der Forderung nach Objektivität und Reproduzierbarkeit zu genügen, desto mehr verwehrt man der Natur, «aus der Fülle ihrer Möglichkeiten zu antworten […].» [2].
Des Weiteren ist aus der parapsychologischen Forschung bekannt, dass die Einstellung des Versuchsleiters oder der Versuchsleiterin das Ergebnis beeinflusst («experimenter effect») [3].
Laut Joachim Israel veranschaulichte der Physiker Niels Bohr am folgenden Beispiel, dass die Grenze zwischen Subjekt und Objekt fliessend ist und von der Interaktion zwischen Individuum und Umgebung abhängt: «Nehmen wir an, eine Person versucht, sich mit Hilfe eines Stocks in einem völlig dunklen Raum zu orientieren: ‹Solange wir den Stock nur leicht anfassen, erscheint er als Gegenstand des Tastsinnes. Umfassen wir ihn dagegen mit einem festen Griff, so verlieren wir den Eindruck eines Fremdkörpers, und die Berührungswahrnehmung wird unmittelbar auf den Punkt gelenkt, wo der Stock auf die Gegenstände stösst, die wir untersuchen wollen.›» [4].
Auch die Wahrnehmung ist subjektiv. Auf die Wahrnehmung als solche (z. B. eine Form oder ein Geräusch), die noch frei von Konzepten ist, folgen jedoch sogleich unsere Interpretation, Gefühle und möglicherweise weitere Reaktionen, die alle abhängig sind von unseren Erfahrungen, Werten und Glaubenssystemen [5]. Wenn bei Experimenten Geräte für Messungen benutzt werden, ist der Spielraum für die Subjektivität klein. Für die Erforschung der feinstofflichen Welten sind mir bisher keine physikalischen Geräte bekannt [6]. Werden Untersuchungen von Menschen durchgeführt, muss also die Subjektivität der Wahrnehmung berücksichtigt werden.
Unsere Art und Weise zu denken ist verknüpft mit unserer Art und Weise zu sprechen, und beides sowie unsere Vorstellungen sind geprägt von unserer Alltagswelt. Ich gehe davon aus, dass unsere Alltagswelt sich stark unterscheidet von der feinstofflichen Welt. Deshalb sind unsere Sprache, unser Denken und unsere Vorstellungen möglicherweise weitere Hindernisse für deren Erforschung. So wie unsere Alltagssprache nicht geeignet ist, die Phänomene der Quantenmechanik zu beschreiben, so deutet Rudolf Steiner darauf hin, dass die Begriffe, die wir aus der Realität durch äussere Wahrnehmung gewinnen, nicht geeignet sind, um die bewegliche und variable geistige Welt zu beschreiben [7].
Unsere Sprache und unsere Vorstellungen verleiten uns, auch in völlig neuen Gebieten so zu denken und uns so auszudrücken, wie wir es uns gewohnt sind. Sir Arthur Eddington schrieb im Zusammenhang mit der Beschreibung von Elektronen: «Wir können keinerlei vertrautes Vorstellungsbild um das Elektron weben, […]. Irgend etwas Unbekanntes tut etwas, doch wissen wir nicht, was.» und veranschaulicht dies weiter mit einem Spruch: «Die glittigen Tobs dreh’n und wibbeln in der Walle.» [8]. Der Verzicht auf unsere gewohnte Ausdrucksweise und der Gebrauch von Begriffen, die uns nichts sagen, um zu verdeutlichen, dass wir nicht wissen, was abläuft, könnte verhindern, dass wir in unseren vertrauten Bildern stecken bleiben und den Horizont für Neues und Unerwartetes öffnen.
Mit dem nebenstehenden Bild (Abb. 1) [9] möchte ich die beiden Aspekte der Wahrnehmung und der Sprache illustrieren. Die meisten Personen, die das Bild zum ersten Mal sehen, sehen nur schwarze und weisse Flecken. Wir können nicht erkennen, worum es sich handelt und entsprechend schwierig gestaltet sich eine Beschreibung dessen, was wir sehen. Erst wenn wir weitere Informationen bekommen, setzt unser Hirn die Flecken zu einem für uns sinnvollen Bild zusammen.
Ähnlich, stelle ich mir vor, mag es uns ergehen, wenn wir anfangen in uns noch völlig unbekannte Welten einzutreten – und ich gehe davon aus, dass den meisten von uns die feinstofflichen Welten unbekannt sind. Wir mögen dort auf Dinge oder Wesen treffen, die wir nicht einordnen können und darum anfangs weder adäquat beschreiben, noch verstehen können. Ebenso stelle ich mir aber vor, dass mit zunehmender Erfahrung und vermehrtem Wissen, das, was wir «dort» erleben und wahrnehmen, einen Sinn ergibt – und hier treffe ich eine weitere Annahme, nämlich, dass die feinstofflichen Welten sinnvolle Welten sind.
Wie soll mit diesen Herausforderungen umgegangen werden?
In der Sozialforschung, die das Zusammenleben von Menschen untersucht, hat man sich schon eingehend mit solchen Herausforderungen auseinandergesetzt, da in der qualitativen Forschung die Subjektivität eine wichtige Rolle spielt und nicht eliminiert werden kann [10]. Damit einerseits diese Offenheit zugelassen werden kann, andererseits die Resultate der Forschung trotzdem einen gewissen Grad an Zuverlässigkeit und Gültigkeit aufweisen, wird nach Werner Stangl in der qualitativen Forschung versucht, alle untersuchungsrelevanten Faktoren aktiv zu erfassen und möglichst alle Bedingungen von Aufbau und Ablauf der Untersuchung offen zu legen. Erfolgt die Auswertung mit der nötigen Sorgfalt und fachlichen Kompetenz und unter Offenlegung und Begründung aller Auswertungsschritte, sollten die Ergebnisse für andere ForscherInnen zumindest nachvollziehbar sein [11]. Eine Qualitätsbeurteilung ruht also zur Hauptsache auf den Pfeilern Dokumentation und Reflexion.
Nach Paul Feyerabend soll man wie folgt an ein Problem herangehen: «Man zieht seine Fähigkeiten, sein Gedächtnis heran, beschäftigt sich mit den Vorschlägen anderer […], man betrachtet allgemeine Regeln, aber nur als Faustregeln, die in einem Fall nützlich sein können, in einem anderen vielleicht gar nicht anwendbar, und schließlich kommt man zu einer Entscheidung.» Jeder, der vor einem Problem steht, «wird angewiesen, sein Problem gemäss der vorliegenden Situation zu behandeln, die besonderen Umstände zu berücksichtigen und seine Aufgabe nicht als gelöst zu betrachten, weil eine Lösung vorliegt, die einem allgemeinen Grundsatz entspricht.» [12].
Dem möchte ich mich anschliessen.
Weitere Quellen werden im gleichen Buch im Einführungskapitel von K. Ramakrishna Rao, S. 16. genannt.
Das Zitat von Niels Bohr stammt aus: Niels Bohr: Atomtheorie und Naturbeschreibung. In der deutschen Ausgabe von 1931, Julius Springer Verlag, befindet es sich in leicht anderer Formulierung auf S. 64.
Der Spruch stammt aus einem der Nonsensegedichte von Lewis Carroll und heisst im englischen Original: «[…] the lithy toves did gyre and gimble in the wabe; […].» (Lewis Carroll: Through the Looking-Glass. Puffin books, 2003, S. 15).
Das Zitat von A. S. Eddington habe ich gefunden bei: John Gribbin: Auf der Suche nach Schrödingers Katze. Piper, 8. Aufl., 2010, S. 106.
Ich selber bin zuerst auf dieses Bild gestossen in: Hazel Richmond Dawkins: Suddenly Successful: How Behavioral Optometry Helps You Overcome Learning, Health and Behavior Problems. Optometric Extension Program Foundation, 1991.
«Insensibly one begins to twist facts to suit theories, instead of theories to suit facts.»
Sherlock Holmes